Auch die Rheinau wurde in den letzten Tagen der Revolution nicht verschont. „Aus der Nie-derschrift in Rastatt 1849“ von H. Kronenwerth, C.B.A. Fickler Verlag, stammt folgender Bericht:
Am 6. Juni 1849 in aller Früh waren Freischärler mit Kanonieren zugleich aus dem Fort ausgezogen, um sich der Vorräte in der Rheinau zu bemächtigen, welche die Preußen gestern dort übrig gelassen hatten.
Zur Sicherung ihrer Razzia streifte ein Teil gegen den Röttererberg, die Übrigen ließen sich’s im Dorf wohl sein, oder brachten die Futtervorräte auf Wagen in die Stadt. Die preußische Wache, die längs des sog. Mühlgrabens aufgestellt war, rückte von hier und von längs der Murg gelegenen Gehölze gegen das Dorf und beschoss die Plünderer.
Nun gingen einige Kanoniere in die Stadt zurück, holten sich zwei Kanonen und fuhren mit deren Bespannung vor den Eingang des Dorfes. Jetzt fiel schon ein und der andere Schuss aus dem Feldgeschütz, dem die hinter der Brücke gegen Plittersdorf aufgestellten preußischen Geschütze antworteten.
Hier hatten zwei Landwehr-Kompanien des 27. Regiments anfänglich die Aufständischen über die Murgbrücke zurückgetrieben, in dem zwei Geschütze der Preußen vom Mühlgraben bis an die ersten Häuser der Rheinau auf der Plittersdorfer Straße vorgerückt waren, und auf die teils angreifenden, teils plündernden Insurgenten gefeuert hatten.
Jedoch bevor Thiedemann mit der Verstärkung angelangte, war ein Teil der Freischärler über die Brücke gedrungen, hatte sich in der Waldecke zwischen der Plittersdorfer Straße und dem Ottersdorfer Weg in gesicherte Stellungen gebracht und von hier die preußische Artillerie und Landwehr beunruhigt, dass sie aus dem Dorf gewichen waren und sich knapp vor der verschanzten Mühlbachbrücke aufgestellt haben.
Mittlerweile ging es im Dorf lustig her, „dass Gott erbarm“. Heu wurde aufgeladen, Laden der Häuser aufgebrochen, Hausrat fortgeschleppt, die Ställe geöffnet, die Hühner eingefangen, an den Beinen zusammengebunden, die Schweine fort getrieben und vor allem der Wein aufgeladen.
Und nun ging es in lustigen Gejohle auf Wagen und abgehetzten Pferden in die Stadt. Hintendrein jammernd und schreiend die Frauen, welche nicht wussten, wo sie ihre Habe wieder finden wärden und sie auch nicht wieder fanden, wenn es aufzehrbar war. Das nannte man zwei Tage darauf im Festungsboten die „Rettung der Vorräte von der Rheinau“.
Von der Bastion aus wurde das Gasthaus „Zur Dicken Eiche“ in der Rheinau beschossen. Die Kanoniere schossen mit Granaten und zielten auf die Kreuzbalken des Giebels. Das Gasthaus „Zur Dicken Eiche“ ging in Flammen auf und brannte vollständig nieder als ein zündendes Geschoss einschlug.
In der Stadt wurden die Gänse und Hühner gebraten, der Wein getrunken, die Kanoniere gingen von ihren Posten in die Wirtshäuser herein. Da wurde noch gejubelt und getollt bis Mitternacht. Auch Raufhändel und Verletzungen kamen vor. Dann sank Ruhe über die Stadt.